Liebe Alle,
ein interessanter Bericht zum Thema Dashcams im ADAC Online - Magazin zeigt
mir die Zerrissenheit der Rechtsauffassung und Rechtssprechung in Deutschland:
Der ADAC Fach Autor Max Pliefke schreibt:
Dashcams sind beliebte Beifahrer. Während der Fahrt können sie die Umgebung oder das Verkehrsgeschehen aufzeichnen. Das gilt bei der Nutzung der Mini-Kameras.
- Der Einsatz im öffentlichen Raum ist rechtlich umstritten
- In Deutschland regelt der Datenschutz, wann ein Einsatz zulässig ist
- In manchen Ländern sind die Minikameras verboten
Dashcams sind kleine Kameras auf dem Armaturenbrett oder an der Windschutzscheibe, die während der Fahrt aufzeichnen. Viele Benutzer hoffen, so im Falle eines Unfalls Ihre Unschuld beweisen zu können oder wollen verkehrswidriges Verhalten zur Anzeige bringen.
Dashcams und Datenschutz
In Deutschland darf allerdings niemand gegen seinen Willen gefilmt werden. Ebensowenig ist es erlaubt, Aufnahmen von anderen Personen oder Autokennzeichen ungefragt ins Internet zu stellen oder anderweitig zu veröffentlichen. Dies wäre ein Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
Für Datenschützer ist deshalb vor allem wichtig, dass Dashcams nur kurz und anlassbezogen filmen. Anlassbezogen bedeutet dabei, dass Daten nur dann gespeichert werden, wenn es z.B. zu einem Unfall oder zu einer starken Verzögerung kommt.
Die Beobachtung mit Videokameras ist zudem nur erlaubt, soweit dies zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.
Darüber hinaus ist bei der Verwendung von Dashcams im Fahrzeug problematisch, dass der Verwender seinen Informationspflichten gegenüber den Aufgenommenen im fließenden Verkehr nicht nachkommen kann. Dies stellt zusätzlich einen Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) dar. Bei der stationären Videoüberwachung z.B. von Firmengebäuden erfolgt diese notwendige Information mit gut lesbaren Schildern. Dies geht bei der Autofahrt nicht.
Wann Bußgelder drohen
Bei unzulässiger Verwendung von Dashcams können die Datenschutzaufsichtsbehörden Bußgelder verhängen. Das Bayerische Landesamt für Datenaufsicht hat angekündigt, bei Kenntnis der Weitergabe der mit einer Dashcam aufgenommenen Videofilme an Polizei, Versicherung oder Internet zu prüfen, ob im konkreten Fall ein Bußgeld fällig wird.
Der Bußgeldrahmen für derartige Verstöße beläuft sich auf bis zu 20 Millionen Euro oder bei einem Unternehmen auf bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes. So drastische Fälle sind bislang allerdings nicht bekannt. In Hessen wurden Bußgelder im unteren Rahmen verhängt.
Bußgelder drohen auch, wenn Privatleute mit ihren Aufnahmen ein Fehlverhalten anderer bei der Polizei anzeigen wollen. Videoaufnahmen zur Strafverfolgung sind nur der Polizei erlaubt, und auch dies nur in engen Grenzen.
Dashcam-Aufnahmen als Beweis
Im Einzelfall können permanente, anlasslose Aufzeichnungen einer Dashcam im Unfallhaftpflichtprozess
als Beweismittel verwertbar sein. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (Az.VI ZR 233/17).
Dabei muss jedoch stets eine Interessen- und Güterabwägung vorgenommen werden.
Im Entscheidungsfall überwogen die Interessen des Klägers an der Verwertung der Aufzeichnung.
Begründet wurde die Verwertbarkeit unter anderem damit, dass sich der Beklagte durch die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr selbst der Wahrnehmung und Beobachtung anderer Verkehrsteilnehmer aussetzt. Im Übrigen ist nach Auffassung des Gerichts auch die häufig auftretende Beweisnot aufgrund der Schnelligkeit des Straßenverkehrs zu berücksichtigen.
Auch der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht anderer führt nicht zu einem Beweisverwertungsverbot, so das Gericht. Denn dieses werde durch datenschutzrechtliche Bestimmungen geschützt, die selbst kein Beweisverwertungsverbot enthalten oder bezwecken.
Das Gericht wies jedoch darauf hin, dass eine permanente, anlasslose Aufzeichnung zur Wahrnehmung der Beweissicherungsinteressen nicht erforderlich sei und daher gegen den Datenschutz verstoße.
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Die Entscheidung deckt sich mit der Forderung des ADAC, dass zumindest kurze, anlassbezogene Aufnahmen von Unfällen im Straßenverkehr zur Klärung der Schuldfrage bei Gerichtsverfahren verwertbar sein sollen. Das Aufklärungsinteresse an der hierfür gespeicherten kurzen Filmsequenz sollte dabei stärker wiegen als der Datenschutz Dritter. Der Datenschutz überwiegt nach Ansicht der ADAC Juristen jedoch, wenn es nur darum geht, wahllos Beweismittel zu sammeln, um als Hilfssheriff die Verkehrsverstöße anderer anzuzeigen. Derartige Aufnahmen sollten daher verboten bleiben.
Dashcams bei Fahrrädern
Nicht nur bei Mountain-Bike-Profis beliebt: Dashcam am Lenker © iStock.com/LiZhongfei
Auch bei Radfahrern werden Dashcams immer beliebter. Dazu muss man Folgendes wissen: Für die rechtliche Bewertung macht es keinen Unterschied, ob die Kamera in einem Auto oder an einem Fahrrad befestigt ist. Bei der Verwertung von Aufzeichnungen gelten daher für Radfahrer dieselben Bestimmungen und Einschränkungen wie für Kraftfahrer.
Besondere Vorschriften, wie und wo eine Dashcam am Fahrrad angebracht werden muss, gibt es nicht. Es ist aber sicherzustellen, dass die Kamera stabil sitzt (dies gilt auch bei einer Befestigung am Helm) und zudem die Sicht nicht beeinträchtigt.
Diese Regeln gelten im Ausland
Auch im europäischen Ausland fehlen in den meisten Ländern bislang
konkrete gesetzliche Regelungen zur Verwendung von Dashcams.
Land - Dashcam-Nutzung:
Bosnien-Herzegowina - Grundsätzlich unproblematisch. Bei Verwendung als Beweismittel: Unfallbeteiligte sofort informieren
Belgien - nicht verwenden
Dänemark - Grundsätzlich unproblematisch. Bei Verwendung als Beweismittel: Unfallbeteiligte sofort informieren
Finnland - Grundsätzlich unproblematisch. Bei Verwendung als Beweismittel: Unfallbeteiligte sofort informieren
Frankreich - Grundsätzlich unproblematisch. Bei Verwendung als Beweismittel: Unfallbeteiligte sofort informieren
Großbritannien - nur für privaten Gebrauch
Italien - nur für privaten Gebrauch
Luxemburg - nicht verwenden
Malta - nur für privaten Gebrauch
Niederlande - nur für privaten Gebrauch
Norwegen - nur für privaten Gebrauch
Österreich - nur für privaten Gebrauch
Polen - Kamera leicht entfernbar, Aufnahmen regelmäßig überschreiben
Portugal -nicht verwenden
Schweden - Kamera leicht entfernbar, Aufnahmen regelmäßig überschreiben
Schweiz - nicht verwenden
Serbien - Kamera sollte geringe Auflösung haben, nicht benötigte Daten nach fünf Tagen gelöscht werden und vor Zugriff Unbefugter geschützt sein
Spanien - Kamera sollte geringe Auflösung haben, nicht benötigte Daten nach fünf Tagen gelöscht werden und vor Zugriff Unbefugter geschützt sein
Tschechische Republik - Kamera sollte geringe Auflösung haben, nicht benötigte Daten nach fünf Tagen gelöscht werden und vor Zugriff Unbefugter geschützt sein
Ungarn - Kamera sollte geringe Auflösung haben, nicht benötigte Daten nach fünf Tagen gelöscht werden und vor Zugriff Unbefugter geschützt sein
Da sich die Diskussion in vielen Ländern noch im Anfangsstadium befindet, sind kurzfristige
Änderungen der Rechtslage in den einzelnen Ländern möglich.
Liebe Grüße
Jürgen Albert
Text: Max Pliefke